Unternehmensnetzwerke fit zu machen, um Cyber-Attacken zu trotzen. Dem immer mehr im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Datenschutz gerecht zu werden. Vertriebsstrukturen so organisieren, dass Kartellabsprachen unmöglich werden. Eigentlich schon genug aktuelle Herausforderungen für Unternehmen. Wenn wir da im Mandantengespräch auf das Thema Korruptionsprävention zum Sprechen kommen, entspinnt sich häufig ein solcher oder ähnlicher Dialog:
„Das auch noch?“
„Ja, das auch noch!“
„Aber da haben wir doch schon so viel getan in den letzten Jahren. Das ist doch ein alter Hut!“
„Ein alter Hut? Nein! Die Herausforderungen für Unternehmen bei der Korruptionsbekämpfung sind so aktuell wie nie.“
Die Verfolgungsbehörden sind so streng wie nie
Bestechung und Korruption sind national wie international geächtet: Korrupte Strukturen schaden Unternehmen und Volkswirtschaften. Unter ihr leiden die ärmsten der Armen. Ich habe dies mit deutlichen Worten beschrieben. Dieser globale Konsens wird auch weltweit in der Verfolgungspraxis der Behörden deutlich: Das bekannteste und schärfste Schwert der internationalen Korruptionsbekämpfung, der US amerikanische Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) hat im Jahr 2014 besonders fest zugeschlagen. Die US amerikanische Börsenaufsicht SEC und das amerikanische Justizministerium DOJ haben Rekordgeldbußen verhängt. Der nicht weniger strenge britische UK Bribery Act, der zwischenzeitlich und fälschlicherweise als zahnloser Tiger verspottet wurde, hat ebenfalls zu ersten Verurteilungen geführt. Manch einer übersah, dass das im 2011 in Kraft getretene Gesetz Vorfälle nicht vor der Geltung des Gesetzes ahndet.
Klare Regeln erlauben keine Ausreden
Aber es müssen nicht immer die großen, Aufsehen erregenden Fälle sein. Da ist der Fall einer Lehrerin, die ein Geschenk von Schülern im Wert ca. 200 EUR erhalten hatte. Und dafür eine Geldstrafe von 4000 EUR erhielt. Der Fall illustriert zweierlei deutlich. Zum einen, wie Korruptionsverfolgung funktioniert. Es bedarf keines Abwägen, die Regeln zur Geschenkeannahme waren klar und in diesem Fall überschritten. Wie hart es in diesem Einzelfall auch wirken mag, Korruptionsbekämpfung könnte nicht funktionieren, wenn ein jedes Mal Motivation und mögliche schädliche Auswirkungen geprüft werden sollte. Zum anderen, die Verfolgungsbehörden gehen konsequent vor, sei der Fall vielleicht auch menschlich bedauernswert. Aber auf der anderen Seite sind die Regeln so klar und althergebracht, dass es keine Ausreden mehr geben kann. Das gilt im Kleinen wie im Großen.
Regeln werden immer schärfer
Erst im vergangenen Jahr wurden in Deutschland die Regelungen zur Abgeordnetenbestechung verschärft: Der erweiterte § 108e StGB mag kritisch beäugt und mitunter die praktische Wirkung des neuen Gesetzestextes bezweifelt werden. Dennoch ist die Gesetzesänderung zweifellos von symbolischem Wert. Es macht deutlich, welchen Stellenwert der Gesetzesgeber dem Phänomen der Korruption zumisst. Zwar ist die Abgeordnetenbestechung nur eine von zahlreichen Formen der Korruption, jedoch gefährdet gerade sie das Vertrauen in demokratisch legitimierte Entscheidungen.
Strenge Gesetze die noch strenger werden. Und kompromisslose Ermittlungsbehörden, die diese durchsetzen. Was heißt das für Unternehmen?
Die langjährige Erfahrung mit Fragen der Korruptionsbekämpfung auf beiden Seiten – der Unternehmens- und Verfolgungsseite – zeigt einen Weg, den Unternehmen gehen müssen, um Korruptionsfälle im Unternehmen zu verhindern und das Risiko kostenintensiver und reputationsschädigender Aufarbeitung zu senken:
1. Eindeutiges Bekenntnis der Unternehmensleitung zu Compliance mit einer eindeutigen entsprechenden Policy gegen Korruption
2. Einführung eines Code of Conduct und von Compliance-Prozessen zur Korruptionsprävention
3. Compliance-Verantwortliche mit ausreichend Autonomie und Ausstattung
4. Permanente Risikoanalyse für das Unternehmen
5. Permanentes Training und Beratungsangebot für Compliance-Fragen im Unternehmen
6. Klares System der Honorierung für regelgerechtes Verhalten und klares System von Disziplinarmaßnahmen für regelwidriges Verhalten
7. Fortlaufendes Monitoring von Businesspartnern und Zahlungsströmen
8. Permanentes Evaluieren und darauf basierende Änderungen des Compliance-Systems
9. Für M&A Aktivitäten: Robuste Due Diligence vor Übernahme und Compliance-Fokus bei Post-Merger Integration
(Orientiert an den Vorschlägen der SEC und des DOJ)
Wer das beherzigt, der kann auf Milde der Verfolgungsbehörden hoffen, die Aktivitäten zur Korruptionsprävention honorieren – bis hin zum völligen Absehen von einer Geldbuße. Denn auch sie wissen, dass den kriminellen Einzeltäter zwar auch das beste Compliance-System nicht stoppen, aber es ihm wenigstens schwer machen kann. Oder um es mit den Wort des Journalisten Wolfgang Reus zu sagen:
„Man kann Bestechung und Korruption wohl niemals ganz besiegen. Aber man kann – wie in einem Teich – den Wasserstand so niedrig halten, dass den Fröschen die Lust am Quaken vergeht.“